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Geben und Nehmen

 

 

Blut und Leben – beides fließt
durch ein Ventil und wenn es schließt,
dann ist die Richtung vorgege
ben.

 

Durch Alltagsadern fließt das Leben
und ich lebe fließend mit.
Ich bin ein Erythrozyt.

 

Hach, ich könnte es genießen,
so schlagein, schlagaus zu fließen!

Doch da sind die Alveolen.

 

Wenn ich dort beim Atemholen,
beim Gasaustausch, der Stillen Zeit,
mein CO2, die Last, mein Leid
fliegen lasse und dafür
das bekomme, was ich mir
nicht nehmen kann – ich mir erhoff’:
die volle Ladung Sauerstoff,
den Atem, Gottes Liebesgeist,
versteh ich, dass das für mich heißt:

 

Auch dieser Stoff bleibt nicht bei mir.
Das CO2, das lass ich hier,
den Sauerstoff, den lass ich dort:
Wo man ihn braucht, geb’ ich ihn fort. 

 

Das, was mal weite Röhren waren,
sind jetzt enge Kapillaren.
Hautdünn ist es an den Stellen,
wo sie sitzen, diese Zellen,
deren hydrophobe Mauern
mir die Stimmung voll versauern. 

 

Gasaustausch mag ich ja sehr,
doch manchmal fällt es mir echt schwer,
meinen Schatz dort loszulassen,

wo sie ihn schlucken und in Massen
schwarzes CO2 ausspucken.
Herr, und das muss ich dann schlucken? 

 

Stille Zeit: ich komm zu dir.
Jetzt in der Lauten: komm zu mir!
Bitte hilf mir nicht zu geizen,
bei Zellen, die mich dazu reizen.
Auch ich spuck ständig schwarze Kohle,
wenn ich mir von dir Atem hole!

 

Bitte mach mir das bewusst!
Sag mir einfach: „Hey, du musst!
Du musst die Liebe weitergeben!
Deshalb fließt du doch durchs Leben.
Und ich fließe mit dir mit
und helf dir, mein Erythrozyt!“

 

 

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Geben und Nehmen -
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