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Aufregung im Zoo 2

 

 

„Ach du Schreck! Zehn nach acht!
Ich hab das Tor nicht aufgemacht…
Die Besucher stehen sicher Schlange
und fragen sich, warum’s so lange
dauert, bis das Tor aufgeht!“
So kommt der Wärter – wenn auch spät
und leicht im Stress beim Eingang an,
sucht den Schlüssel, öffnet dann
erstens den Riegel, zweitens das Tor,
drittens den Mund und stößt hervor –
laut und in großer Euphorie:


„Ach wenn ihr dachtet, ich komm nie,
hier bin ich endlich – tretet ein!
Jeder soll willkommen sein!
Genießt die Zeit hier mit den Tieren
und beim Durch-den-Zoo-spazieren
denkt daran, dass jedes Tier
sein Futter kriegt – und zwar von mir!
Das heißt für euch: Verschont sie bitte
mit Pommes, Lutschern und Milchschnitte,
weil Tiere davon Bauchweh kriegen.
In diesem Sinne: Viel Vergnügen!“


Der Wärter gibt den Eingang frei
und viele Leute strömen vorbei:
Eltern mit Kindern an der Hand,
der Vorstand vom Tierschutzverband,
Schüler, Studenten mit Stift und Block,
Senioren im Rollstuhl oder am Stock,
Kinder aus dem Kindergarten
rennen vor und andre warten
auf die Erzieherin, die (nervlich überfordert)
50 Karten am Schalter ordert.


Der Wärter, von seiner Rede selbst begeistert,
denkt sich: „Hab ich doch gut gemeistert!
Trotz meiner Verspätung heute
ist die Stimmung dieser Leute
dank meiner Rede dennoch klasse!
So, jetzt gönn ich mir ne Tasse
Tee und ruh mich aus.“


Er macht sich auf den Weg nach Haus
und so bemerkt er leider nicht,
wie eine Krankheit im Zoo ausbricht.
Die Tiere hatten kein Schnupfen, kein BSE,
ihnen tat auch nicht ihr Körper weh,
niemand heulte unerträglich
(nur die Wölfe – aber das tun sie täglich)
Auch war niemand grün im Gesicht,
außer das Chamäleon (aber das wundert uns nicht),
niemand hatte Herpes an der Lippe,
keiner Ausschlag oder Grippe.
Es war keine Krankheit verursacht durch Viren.
Es war der Neid. Und DER war zu spüren!
 
Es fing alles damit an,
dass das Nashorn irgendwann
die Giraffe fragte: „Hey, wo sind
die Menschen? Oder bin ich blind?
Warum seh ich keine Leute,
trotz des schönen Wetters heute!“
Die Giraffe reckt den langen Hals:
„Tja, Menschen sind da, jedenfalls
mein‘ ich, eine Menge zu sehen!
Aber, aber sie alle stehen
nur beim Affengehege rum!“
„Lass mich raten: Und lachen sich krumm,
weil Affen ja so lustig sind!“,
ruft das faule Faultierkind.
Da schaltet sich der Geier ein:
„Ich find das ebenfalls gemein,
dass diese tollpatschigen Affen,
egal was sie tun, es immer schaffen,
die ganzen Besucher zum Lachen zu bringen.
Auch bei den ganz alltäglichen Dingen
wie Nahrungsaufnahme punkten Primaten.
Wir Geier hingegen – wir geraten
in Schwierigkeiten, wenn wir, bei der Besucher Blick
unser Aas zerfleischen, Stück für Stück.“


So krächzt der schwarze Vogel laut
und packt sich ein Stück Rinderhaut
und während er genüsslich nagt,
hört man, wie jemand sich beklagt:
„Ich wollt es auch mal ausprobieren,
affige Kunststücke vorzuführen.
So wie Schimpansen es Zustande bringen,
wollt ich einen Baum bezwingen.
Schnappte mir den tiefsten Ast,
hatte ihn grad fest gefasst,
da bin ich plötzlich hinter gepurzelt
und hab den ganzen Baum entwurzelt!“
Das kam vom Elefantenmädel.
Sie reibt sich ihren grauen Schädel,
auf dem eine dicke Beule sitzt.


Die Ringelnatter aber spritzt
verärgert mit dem Gift herum:
„Immer Affen, Affen, Affen, das ist doch dumm…“
„Man müsste halt ein Äffchen sein!“,
seufzt die Kobra und ringelt sich ein.
„Was Affen tun, schaff ich doch locker!
Ich reiß die Menschen gleich vom Hocker
mit MEINEM akrobatischen Talent,
bis jeder zu MEINEM Käfig rennt!“


„Ja!“, ruft die Giraffe selbstbewusst
„Ich habe nun mal keine Lust,
mir die Show einfach stehlen zu lassen!
Ich nicht lustig? Das könnte denen so passen!“
Langsam geht sie drei Schritte zurück,
nimmt Anlauf, galoppiert ein Stück,
springt dann ab und – PROBIERT jedenfalls
einen Purzelbaum zu schlagen, mit ihrem Hals.
Ihre Größe hat sie falsch eingeschätzt,
stößt mit den Hufen zu guter Letzt
an den Zaun mit lautem „bumm“,
dreht sich aber ganz schnell um
und stellt sich wieder aufrecht hin.
„Da seht ihr mal wie gut ICH bin!“


Die Nachricht verbreitet sich im Zoo,
nämlich: Was Affen können, können wir ebenso.
Und weil die Tiere den Affen nicht gönnen,
dass die Besucher zu deren Käfig rennen,
bricht das Kunststückfieber aus.
Vom Nashorn bis zur Hausspitzmaus
sieht man die verrücktesten Sachen:
Die Kobra versucht nen Knoten zu machen
und dreht sich und biegt sich, bis ihr schwindlig wird.
Drüben steht das Nilpferd und es führt
einen wilden Bauchtanz vor,
zum Gekrächze, den der Chor
der schwarzen Geier präsentiert.
Der weiße Koi-Fisch modifiziert
die Schwimmtechnik im Feinen wie im Groben
und lässt sich treiben, mit dem Bauch nach oben.
Die Elefanten rollen im Kreis herum,
Das Seepferdchen galoppiert durchs Aquarium,
die Faultiere, die Tanzen im Reigen
und was die Lemminge tun, das woll’n wir verschweigen…


Und die Besucher? Was machen die?
Ihr könnt mir glauben, das gab’s noch nie!
Die Augen werden groß und rund,
sie stehen da mit off‘nem Mund.
Sie fragen sich: „Was wird das bloß?“
Man ruft den Wärter dieses Zoos.


Sofort kommt dieser angerannt
und bleibt dann stehen, wie gebannt
von der Szene, die er erblickt:
Die Tiere spielen ja verrückt!
„Verehrte Besucher!“, ruft er schließlich
„die Lage find ich echt verdrießlich.
Ich bitte Sie, für kurze Zeit
den Zoo zu verlassen, bis ich soweit
den Grund für das seltsame Verhalten
erfahr’n hab und dann den alten
Zustand einkehren lassen kann.“


Langsam fangen die Besucher an
sich in Bewegung zu setzen, den Park zu verlassen
und nachdem die Menschenmassen
fort sind, fragt der Wärter die Tiere:
„Wisst ihr, was ich nicht kapiere?
Warum müsst ihr euch denn so benehmen?
Ich muss mich grade für euch schämen!“


Das tut den Tieren wirklich Leid
und sie erzählen ihm von ihrem Neid,
den sie gegenüber den Affen hegten,
wie sie sich so ins Zeug legten,
um auch Beachtung zu bekommen.
Der Wärter hatte Platz genommen
und nach ner Weile sagte er:


„Liebe Tiere, hört mal her:
Ihr müsst doch keine Affen sein!
Du, Springmaus, bist zwar klein,
dafür springst du aber äußert weit.
Ihr Geier, ihr tragt ein Federkleid
mit dem allerstärksten Gefieder.
Ihr Giraffen werdet immer wieder
bewundert für den stattlichen Gang.“

So geht der Wärter die Gehege entlang
und erklärt den Tieren, was auch ich
euch sagen möchte, dass nämlich
jeder von uns als Original
erschaffen wurde. Es ist normal,
wenn einer was macht, was der andre nicht kann.
Aber deshalb fängt man doch nicht an,
den anderen dafür zu beneiden
und somit an dem Neid zu leiden.

„Ach, was ich noch sagen muss“,
ruft der Wärter ganz zum Schluss
„Die Affenmama hat letzte Nacht
ein Zwillingspaar zur Welt gebracht.
Aus diesem Grund standen heute
beim Affenkäfig die ganzen Leute.
 


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Aufregung im Zoo 2 -
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